Von Hendrik Werner, 5. Mai 2009

Anfang der Achtziger, als noch keine Wirtschaftskrise begehrliche Trinkerblicke auf hochwertigen Alkohol vernebelte, hatte die Münchner Spider Murphy Gang einen großen Hit namens „Schickeria“: „Jeder spuit an Superstar / Und sauft an Schampus an da Bar“, heißt es darin. Mag sein, dass dieses nur vermeintlich harmlose Lied bald indiziert wird. Denn das Wort Schampus, diese im deutschsprachigen Sprachraum inflationär verbreitete Volksmundbezeichnung für eine definitorische Grauzone irgendwo zwischen Schaumwein, Sekt und verflüssigtem Elysium, steht derzeit gewissermaßen vor Gericht. Der naturgemäß unschuldige Begriff, der sich, geneigte Leser werden das wissen, von Champagner ableitet, steht nämlich im dringenden Tatverdacht einer ebenso argen wie strafwürdigen Anmaßung namens Hybris.

Und das kam so: Ein französischer Regionalverein mit dem nur vermeintlich bescheidenen Namen „Comité Interprofessionell du Vin de Champagne“ hat die Münchner Bar „Sisi und Franz“ verklagt, weil diese in angeblich unbescheidenem Gestus für etwas geworben habe, das auf ihrer Getränkekarte „österreichischer Schampus“ heißt. Seitdem aber im lokalpatriotischen Europa der Regionen der Parmesankäse zumindest nominell nicht mehr aus Sizilien und die Thüringer Bratwurst nicht mehr aus Franken kommen darf, sind statusbewusste Hersteller empfindlich bis hysterisch geworden, was mögliche unbefugte Mitbewerber anbelangt. Was den in München ausgeschenkten „Schampus“ anbelangt, verstößt dieser den schäumenden Klägern zufolge gleich doppelt gegen geltendes Recht: Zum einen gegen ein altes deutsch-französisches Abkommen, das Urheberrecht betreffend; zum anderen gegen ein deutsches Markengesetz.

Weil sich der so sprachpfiffige wie beratungsresistente Wirt des „Sisi und Franz“ bislang dem französischen Diktat nicht hat beugen wollen, zieht sich der süffige Casus in die Länge: Erst am 23. Juni werden Münchner Richter darüber befinden, ob Volkes Stimme und Durst („Schampus“) hierzulande den Primat über distinguiertes Getue (Champagner) erhält. Es sind mithin sehr feine Unterschiede, an denen sich künftig bemisst, ob die Spider Murphy Gang ihren voreuropäischen Oldie noch in der nämlichen Unschuld singen darf wie ehedem.